Bilder - Geschichte(n) |
Liebe
Besucherin, Lieber Besucher unserers Internetauftritts! Auf diesen Seiten wollen wir Ihnen im Laufe der Zeit einen kleinen Einblick über die Ortenberger Geschichte geben.Geschichten erzählen und dazu einige Bilder veröffentlichen. Wir wünschen viel Spaß beim Lesen und die Steigerung der Erkenntnisse über unser Dorf und seine wundervolle Lage in einer herrlichen Landschaft. |
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Hochzeitsgesellschaft vor dem Gasthaus Ochsen | ||
Die Braut war die Tochter des damaligen Ochsenwirts Drumm, der Bäutigam der Bildhauer Wilibald Johann Oberberg (1905)
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HOCHZEITSBRAUCH in früherer Zeit
Schon 2
Wochen zuvor sah man das Brautpaar allabendlich beim "Hoochziddlaade" im
Dorf; eine promillehaltige Aufgabe, wurde man doch dabei stets bewirtet.
Um 9 Uhr -meist samstags- unter der Aera Pfr. Walk am Dienstag- fand auf
dem Rathaus die standesamtliche Trauung durch den Bürgermeister
statt. Nach der anschließenden kirchlichen Vermählung galt es, vor der
Kirche sich "freizukaufen": Dorfbuben & Mädchen versperrten mit einem
"Waageseil" dem Hochzeitszug den Weg. Jede Menge "Münz" war also
mitzuführen. Im Gasthaus wurden die Brautleute & Trauzeugen mit einem
Glas Rotwein empfangen. Traditionell gestaltete sich das Menue:
Nudelsuppe
bzw. Markklöschensuppe als Entree, Rindfleisch mit Meerrettich & Beilagen, wie
Salzkartoffeln & "Raane" als Vorspeise, dann als Hauptgericht gemischter
Braten mit Kartoffeln und Gemüse serviert. Als Nachtisch gab
Vanillesoße mit Schnee-Eiern. Zum Trinken gab es "Bergwien" aus dem
Faß, gestiftet von den Brauteltern. Die Jugend bekam Limonade (rote,
grüne, gelbe) mit Waldmeister- oder Himbeergeschmack. Gerne ließ man die
Buben auch den Wein "surpfle", wodurch manches vorzutragende
"Hoochziddsgedicht" schlafend unterging.
In der
Regel fanden "öffentliche Hoochzidde" statt, so daß
nur die Geladenen "an dr Iird" Gäste waren. Die "Näwes-gäschd" mußten
sich gegen Bezahlung mit panierten Schnitzeln & "Erdepfelsalad"
begnügen. Übriggebliebene Speisen wanderten in den mitgebrachten Korb,
auch der "Suurbrode" mit Nudeln & Soße! Am Nachmittag wurde die Wohnung
des Paares begutachtet und zu späterer Stunde waren dort die Burschen am
Werk:
Bettgestelle demontieren, Heu & Stroh in die Räume, Türen "verrammlen", etc. Zum
Abendessen wurden Grünkernsuppe mit "Kracherli" oder Markklößen und
"Suurbrode" mit breiten (selbstgemachten) Nudeln "un Sooß gnue"
gereicht. Die Gläser leerten sich immer schneller; ein "Handorgler"(dr
Thedörli mit dem Pantonium!) spielte auf zum Tanz; der gezierte
Brautschuh kam auf dem Tablett zur Versteigerung, die Trauzeugen waren
zu einer Rotweinspende verdonnert. Eine Brauentführung in ein anderes
Gasthaus erwirkte die Auslösung der Zeche durch den Bräutigam. Oft gab
es noch zu Mitternacht frische Bratwürste mit gemischtem Salat, danach
Malzkaffee mit Hefezopf & Linzertorte.
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NACHTRAG
Hier ist im
Nachhinein aus einem aufgefundenen zeitgenössischen
Brauchtumsbericht von 1912 nachzutragen.
"Ortenberg.
Auch kommt
es hier vor, daß zwei Personen, die sich zu heiraten
versprochen haben, schon Jahre lang miteinander arbeiten, besonders in
der Ernte- und Herbstzeit. Am Hochzeitstage wird vor dem Gang zur Kirche
in dem Wirtshaus, wo die Hochzeit gehalten wird, die Morgensuppe,
bestehend in Rindfleisch mit Meerrettich und Wein, eingenommen. Vor dem
Verlassen der Wirtsstube beten alle Anwesenden mit dem Hochzeitspaar
drei Vaterunser. Dann geht‘s aufs Standesamt und um halb 10 Uhr in die
Kirche, während eine Kinderschar ins Wirtshaus einzieht und sämtliche
vorhandenen Speiseüberbleibsel mit großer Hast verzehrt; auch die
Weinreste werden vertilgt. Beim Festessen sitzen auch hier die
Verwandten an der "Ird". Den anwesenden Gästen wird am Abend von der
Braut und ihren zwei "Kränzlemaidli" auf blumenbekränztem Teller Wein
gereicht. Auch das Rauben des Brautschuhes ist Sitte. Punkt 12 Uhr
sammeln sich die Gäste, um dem Brautpaar den Glückwunsch zu singen. Dazu
stimmt alles mit ein. Der erste Vers lautet:
"Auf Brüder und singet am heutigen Feste!
So will es
die Liebe, so will es die Pflicht.
Ermuntert
durch Lieder die feurigsten Gäste,
Wo alles
von Liebe und Heiterkeit spricht!
Glück sei Euch und Heil! Glück sei Euch und Heil!
Glück, Segen und Heil vom Himmel Euch werde zuteil!
Und was
Euch noch ferner erfreut und beglückt,
Das wird
Euch vom Höchsten ins Ferne geschickt!"
Hernach
werden die Speisereste von der "Ird" durch die Brautjungfern in das neue
Heim des Hochzeitspaares gebracht, wo sich am
ändern Mittag die nächsten Verwandten zur Nachhochzeit vereinigen."
Und in
dieser aus vergangener Zeit stammenden Dokumentation wird dann -wie
folgt- nahtlos die Brücke zum Tod gespannt:
"Bei Beerdigungen behalten die nächsten Verwandten sowohl bei
Begleitung der Leiche, als auch während der Einsegnung, ja sogar auch
während der hl. Messe bis zur Wandlung ihre Hüte auf. Wird die Leiche
unter Musikbegleitung zu Grabe
getragen, so spielt dieselbe sofort nach Verlassen des Friedhofes
heitere Weisen, gleichsam die Hinterbliebenen an die Welt und an die
Arbeit wieder zu erinnern und sie aufzumuntern, nicht zu verzagen."
Geheiratet wurde -"wenn1s nid bressierd hed!"- oft
nach dem 20. November, wenn die Feldarbeit erledigt war. Der Bräutigam kam im -oft geliehenen-
schwarzen Gehrock, schwarzen Hosen, Zylinder & weißen Handschuhen; die
Braut bis in die 30er Jahre noch im schwarzen Kleid, weißen Kränzchen &
langem weißen Schleier. Bei dieser Gelegenheit: Wie eine Urkunde von
1839 beweist, gab es damals noch die Sitte, am Hochzeitsmorgen vor der
Trauung für das Volk im betr. Gasthaus eine sogenannte "Morgesubb" zu
verteilen. Laut dem Aufruf der Großherzoglichen Verwaltung & des
Erzbischöflichen Ordinariats sollte dieser "Unfug" verboten werden, da
"die Leute, mitunter selbst die Brautleute, schon betrunken in die
Kirche gehen & ihrer Sinne nicht mehr mächtig sind!". Doch gehalten
haben die Ehen, Scheidungen waren kaum vorstellbar. |